Vor 60 Jahren

Eröffnung der Go-Kart-Bahn der Rennsportfreunde Wolfgang Graf Berghe von Trips, Go-Kart-Club Horrem e.V.

Die 1965 eingeweihte Kartbahn in Horrem war die erste ihrer Art in Deutschland. Nach deren Schließung wurde 1980 die Kart-Rennstrecke „Erftlandring“ bei Kerpen-Manheim eröffnet.

Am 9. August 1961 gründeten motorsportbegeisterte Fans des am 4. Mai 1928 in Köln geborenen Automobilrennfahrers Wolfgang Graf Berghe von Trips den Verein  „Rennsportfreunde Graf Berghe von Trips“. Tragischerweise verunglückte der zu diesem Zeitpunkt in der Formel-1-Weltmeisterschaft führende „Taffy“ von Trips nur wenig später, am 10. September 1961 beim Grand Prix von Italien in Monza, tödlich.

Da die große Beliebtheit von Graf Trips jedoch nicht nur auf dessen sportliche Erfolge zurückging, sondern auch auf seinen verschiedenen Engagements wie der Verkehrssicherheit, als Instruktor bei Fahrerlehrgängen und seinem stetigen Bemühen, auch den motorsportlichen Nachwuchs zu fördern, beschlossen die Vereinsmitglieder umgehend, „die Aktivitäten des Clubs auf den Go-Kart-Sport auszudehnen und änder[te]n den Vereinsnamen in ‚Rennsportfreunde Wolfgang Graf Berghe von Trips, Go-Kart-Club Horrem e.V.’“ (www.kart-club-kerpen.de).

Beim Kartsport (auch Karting) werden die Motorsport-Wettbewerbe in der Regel auf speziell dafür gebauten Bahnen mit relativ kleinen und leichten motorisierten Fahrzeugen ausgetragen – den Karts oder Go-Karts, die heute je nach Klasse bis zu 33 kW (45 PS) leisten und Geschwindigkeiten von 150 km/h erreichen.

Der vor allem auch von Kindern und Jugendlichen als Einstieg in den Motorsport betriebene Kartsport ist eine von lediglich fünf Motorsportklassen, die unter der Ägide des internationalen Motorsport-Dachverbands Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) Weltmeisterschafts-Status genießen.

Um auch selbst aktiv Motorsport ausüben zu können, plante man den Bau einer Go-Kart-Bahn auf einem Gelände in gräflichem Besitz am damaligen Ortsrand von Horrem – nur knapp 700 Meter östlich der Horremer Wasserburg Hemmersbach, dem ehemaligen Wohnsitz des letzten Nachkommen derer von Trips. Der erste Spatenstich erfolgte 1964, und zu Ostern 1965 konnte die rund 500 Meter lange Bahn mit einem ersten Rennen am 19. April eingeweiht werden.

Nach einer wechselvollen Vereinsgeschichte rief der damalige Präsident Gerhard Gollnast 1968 zu einem Neubeginn auf, wobei er tatkräftig von den Eltern von Wolfgang Graf Berghe von Trips, dem Grafen Eduard und Gräfin Thessa unterstützt wurde.

„In den Folgejahren 1968 bis 1970 ist ein stetiger Aufstieg des Go-Kart-Club Horrem zu verzeichnen. Die erste Jugendabteilung des Go-Kart-Sports in Deutschland wurde aus der Taufe gehoben, und diese Entwicklung griff auf den gesamten internationalen Go-Kart-Sport über und wurde richtungsweisend“, so ist es in der Chronik des Vereins nachzulesen.

Im Jahr 1971 wurde die erste Kart-Europameisterschaft in Horrem ausgerichtet. Es folgten zahlreiche Sprint-, Langstrecken- und Slalomrennen als nationale und internationale Meisterschaftsläufe.

Im Laufe ihres Bestehens wurde die Horremer Bahn jedoch allmählich für internationale Wettbewerbe zu klein, ferner gab es zunehmend Probleme mit der Lärmbelastung für die Anwohner der nahe gelegenen Wohngebiete.

Bei der Standortsuche für ein neues Bahngelände wurde man 1977 mit einem geeigneten Areal an einer Kiesgrube an der Bundesstraße B 477 bei Kerpen-Manheim fündig. Dieses für den Kartsport hervorragend geeignete Terrain stand Ende der 1970er-Jahre zur Verfügung.

Bereits im März 1980 konnte die dort neu erbaute Kart-Rennstrecke „Erftlandring“ als seinerzeit längste Kartbahn Deutschlands eröffnet werden und besteht bis heute.

Längst vergessen   –   Im Wandel der Zeit

Heute sind von der früheren Kartbahn in Horrem keine Spuren mehr zu finden. 

Vor Ort erinnert nur noch der Straßenname „Zur Alten Kartbahn“ an die Anlage, ferner sind u.a. die Straße „Graf-Berghe-von-Trips-Ring“ sowie die Sportanlage „Graf-Berghe-von-Trips-Stadion“ nach dem berühmtesten Sohn des Ortes benannt.

Blick vom Areal der einstigen Kart-Rennbahn in Kerpen-Horrem in Richtung des Wohngebiets am Graf-Berghe-von-Trips-Ring (2022). Foto: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland
Blick über die Wohnstraße „Zur Alten Kartbahn“ auf dem einstigen Areal der 1979 geschlossenen Kart-Rennstrecke in Kerpen-Horrem (2022). Foto: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland
Straßennamensschild der heutigen Wohnstraße „Zur Alten Kartbahn“ auf dem einstigen Areal der 1979 geschlossenen Kart-Rennstrecke in Kerpen-Horrem (2022). Foto: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland

Franz-Josef Knöchel, LVR-KuLaDig (Kultur. Landschaft. Digital.), u.a. basierend auf „Kartrennstrecke Horrem“, in: LVR-KuLaDig (Kultur. Landschaft. Digital.) unter https://www.kuladig.de/ Objektansicht/KLD-343332).


Zeitgenössischer Artikel aus der „Kölnischen Rundschau“ vom 20. April 1965:
Gräfin Trips eröffnet die Go-Kart-Bahn in Horrem

Buchstäblich in letzter Minute hatte das Wetter mit den Horremer Go-Kart-Sportlern und den zahlreichen Besuchern ein Einsehen. Genau zu der Stunde, an der die Go-Kart-Bahn „Wolfgang Graf Berghe von Trips“ am Ostersonntag in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste, unter ihnen Gräfin Thessa Berghe von Trips als Schirmherrin und Mutter ihres 1961 tödlich verunglückten Sohnes, Wolfgang, offiziell der Bestimmung übergeben wurde, zogen die Regenwolken ab und und machten der wärmenden Aprilsonne Platz. So konnte das bis zum letzten Augenblick gefährdete Prominentenrennen doch noch gestartet werden, zumal vorher die jugendlichen Nachwuchsfahrer durch Proberunden zum Abtrocknen der Piste beigetragen hatten.

Geschäftsführer Christian Weiß-Marbach begrüßte das Publikum und stellte seinen Worten den herzlichen Dank aller Horremer Motorsportler an die gräfliche Familie Trips voran. Die Familie Trips sei in ihrem Herzen jung geblieben und habe das Vermächtnis ihres leider nur allzu früh verstorbenen Sohnes verwirklicht. Es sei schon immer das größte Anliegen des verstorbenen jungen Grafen gewesen, in Horrem diese Bahn  anzulegen. Dank der großzügigen Unterstützung seiner Eltern sei nun der große Augenblick gekommen, die Bahn in Betrieb zu nehmen. Weiß-Marbach versprach, dass man alles tun werde, diese Rennbahn zu dem werden zu lassen, was sich Wolfgang Graf Berghe von Trips einst von ihr erhoffte: zu einer Stätte der Begegnung.

Portätaufnahme des Rennfahrers Wolfgang Graf Berghe von Trips (1928-1961) in einem Rennfahrzeug. Auf seinem Helm trägt der 1961 bei einem Formel-1-Rennen im italienischen Monza tödlich verunglückte „Taffy“ von Trips das Wappen der von ihm mitbegründeten Scuderia Colonia.

Nach einer Gedenkminute für den Mann, dessen Namen die neue Go-Kart-Bahn trägt, zitierte Bürgermeister Hans Deckstein einen Artikel aus der Fachzeitschrift für den Go-Kart-Sport in Deutschland, in dem von „dem Wunder von Horrem“ die Rede war. Auch Deckstein fand herzliche Dankesworte für die gräfliche Familie, die das Gelände für die Bahn 20 Jahre kostenlos zur Verfügung gestellt habe und der es ein selbstverständliches Anliegen gewesen sei, das Vermächtnis ihres verstorbenen Sohnes zu erfüllen. Der Bahn fehle es zwar noch an vielem, die Motorsportler der Gemeinde Horrem hätten aber bewiesen, dass man sehr viel erreichen könne, wenn man zusammenarbeitet. „Jedes Mitglied des Go-Kart-Clubs hat über 1000 Arbeitsstunden geleistet, und das alles ohne Entgelt“, sagte Hans Deckstein, der den Idealismus und die Arbeitsfreude der Go-Kart-Sportler als beispiellos hinstellte. Daher sei es auch das Anliegen der Gemeinde und des Kreises gewesen, den jungen Menschen bei der Schaffung ihrer Sportstätte tatkräftig zu helfen soweit es irgendwie möglich gewesen sei. Die Gemeinde hat, wie der Bürgermeister mitteilte, 20 000 Mark zum Bau der ´Bahn beigesteuert. „Der Go-Kart-Sport in Horrem hat aber auch leider eine Schattenseite“, betonte Bürgermeister Deckstein. „Einige Leute fühlen sich durch den mit dem Sportbetrieb verbundenen Lärm belästigt. Sie können aber sicher sein, dass Gemeinde und Klub das Bestreben haben, diese Lärmbelästigung zu vermeiden.“ Man müsse aber auch Geduld und Verständnis aufbringen und dürfe nicht gleich mit Kanonen schießen. Bürgermeister Deckstein schloss mit der Hoffnung, dass die Bahn sich des Vermächtnisses von Wolfgang Graf Berghe von Trips würdig erweisen möge.

Diesen Worten schloss sich auch Kreisdechant Heinrich Buff, der die Bahn einsegnete, an. Buff sagte, für ihn sei es eine große Freude, der Einweihung der Bahn beiwohnen zu dürfen. Er unterstrich, dass dem Sport nicht zuletzt deshalb eine erhöhte Bedeutung zukomme, weil er den Charakter festige und der Gesundheit des einzelnen förderlich sei.

Gemeindepfarrer Herbert Neitzel lobte den Idealismus  der Motorsportfreunde und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Bahn dem Vermächtnis des Grafen Wolfgang Berghe von Trips gerecht und jederzeit eine Stätte der Kameradschaft, des Zusammenhalts und der Freundschaft werden möge.

Beste Wünsche

Gräfin Berghe von Trips, durch deren großzügige Hilfe die Bahn überhaupt erst erstellt werden konnte, sagte, bevor sie das trennende Band durchschnitt, es sei ihr ein dringendes Herzensbedürfnis gewesen, durch die Förderung dieser Bahn einer Sportstätte zur Wirklichkeit zu verhelfen, wie sie der große Wunsch ihres verstorbenen Sohnes immer gewesen sei. „Möge sie unsere besten Wünsche begleiten!“

(si)