Graf Trips im ring°werk Museum am Nürburgring

Man spürt es, wenn man nach langer Fahrt von der Landstraße abbiegt und plötzlich den schwarzen Asphalt des Rings unter den Reifen hat: Da ist irgend etwas anders.“ Mit diesen Worten beschrieb Wolfgang Graf Berghe von Trips die Nordschleife des Nürburgrings, seine langjährige Hausstrecke. Deren Faszination ergriff den am. 4. Mai 1928 in Köln geborenen jungen Grafen schon 1950 zu Beginn seiner Karriere als Motorradsportler. Von da an war er mit dem Eifelkurs auf „Du und Du“. 

Ab 1954 startete er auf der Nord- und Südschleife bei zahlreichen Rennen mit Porsche, Ferrari und Stanguellini, für Mercedes-Benz absolvierte er mehrere Testfahrten und auf einem VW „Käfer“ nahm er auch an der Rheinlandfahrt teil.

Trips holte sich 1956  beim ADAC-1000-Kilometer-Rennen den ersten Klassensieg zusammen mit seinem italienischen Co-Piloten Umberto Maglioli auf Porsche 550 RS. Ein Jahre später machte Trips bei der Mille Miglia weltweit Schlagzeilen, als er in seinem Ferrari 315S hin­ter dem füh­ren­den Pie­ro Ta­ruf­fi blieb, der technische Probleme mit seinem Wagen hatte. Trips hätte ihn überholen können, aber er hielt es für unfair und überließ dem älteren Teamkollegen, der mit diesem Rennen seine Karriere beenden wollte, den Sieg. 

Am 15. März 1958 war Graf Trips Mitbegründer des DSK (Deutscher Sportfahrer-Kreis), der aktuell mit rund 13 000 Mitgliedern die europaweit größte motorsportliche Vereinigung ist. Diese verleiht bis heute die „Graf Berghe von Trips-Medaille“ als höchste Auszeichnung für besonders verdiente Mitglieder. Im gleichen Jahr gewann Graf Trips auf einem Porsche 1500 RSK die Europa-Bergmeisterschaft.

1959 startete er für Porsche in der Formel 2 und in der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Auf Stanguellini siegte er beim Formel Junior-Rennen auf dem Nürburgring, in Riverside bestritt er seinen einzigen Grand Prix-Weltmeisterschaftslauf des Jahres für Ferrari. 

Rennerfolge 1960: Sieg in Syracus, auf der Solitude und ein dritter Rang beim Grand Prix von Modena (alle auf Ferrari), zweiter Platz beim GP von Deutschland auf Porsche.

Im gleichen Jahr stif­te­te Trips der von ihm ge­grün­de­ten „Scu­de­ria Co­lo­nia“ ei­nen De Tomaso-For­mel Ju­ni­or-Rennwagen, um we­ni­ger be­gü­ter­ten Nachwuchsfahrern den Ein­stieg in den Mo­tor­sport zu er­mög­li­chen. Ebenso ließ er für diesen Zweck sieben Formel Junior-Rennwagen (Trips – Colotti– Auto Union/Automobili) bauen. 

1961: Zu­sam­men mit dem Jour­na­lis­ten Gün­ter Isen­bü­gel brachte er das ers­te Kart aus den USA nach Deutsch­land.

30. April: Trips und Olivier Gendebien gewannen auf einem Ferrari 246SP die Targa Florio. 

Nach seinen Grand Prix-Siegen in Holland und England 1961 wur­de Wolf­gang von Trips im Fer­ra­ri 156 zum ernst­haf­ten Ti­tel­an­wär­ter in der Formel 1-Weltmeisterschaft. Am 10. September 1961 verunglückte er jedoch beim Großen Preis von Italien in Monza tödlich.

Mit einem Punkt Rückstand wurde er hinter seinem amerikanischen Teamgefährten Phil Hill Zweiter in der WM-Wertung – und posthum zum „Sportler des Jahres 1961“ in Deutschland gewählt.

Im Februar 1970 schlossen die Eltern, Thessa und Eduard Berghe von Trips, einen Erbvertrag ab, um die Voraussetzungen für die Gründung der „Gräflich Berghe von Trips’schen Sportstiftung zu Burg Hemmersbach“ ” zu schaffen. 

Am 10. Oktober 1975  wurde die Satzung der Stiftung notariell protokolliert; am 22. Dezember 1975 erteilte das Land Nordrhein-Westfalen die erforderliche Errichtungsgenehmigung. 

Die Erinnerung an den legendären deutschen Rennfahrer wurde in Horrem von 1992 bis 1999 im ersten Trips-Museum der Stiftung, kurz hinter der Ortsgrenze von Horrem und ab 2000 bis zur Schließung 2017 in der „Villa Trips – Museum für Rennsportgeschichte“ (nahe Burg Hemmersbach) dem ehemaligen Alterssitz von Gräfin Thessa,  wachgehalten.

Danach fand die Trips-Ausstellung im ring°werk Museum des Nürburgrings ihre neue Heimat. Am 4. Mai 2018 präsentierte die Nürburgring GmbH im ring°werk in Zusammenarbeit mit der Trips’schen Sportstiftung die umfangreiche Sammlung der Öffentlichkeit in einem eigenen Ausstellungsbereich. An diesem Tag hätte Wolfgang Graf Berghe von Trips, der 1928 in Köln geboren wurde, seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Laudator Prof. Frank Herrmann, Mitglied des Stiftungsrates der Trips’schen Sportstiftung, der zum Ausstellungsbeginn nicht nur das sportliche Wirken von Trips, sondern auch die „Person Graf Wolfgang“ noch einmal sehr lebendig darstellte, lehrt an der Technischen Hochschule in Köln und ist selbst aktiver Motorsportler. Er war sich mit Nürburgring-Geschäftsführer Mirco Markfort einig: „Diese Ausstellung passt perfekt in unser Konzept, den Motorsport sowie Historisches und die Helden des Nürburgrings in den Fokus zu stellen.“ 

In der Presse hieß es damals: Graf Trips war nicht nur einer der besten Rennfahrer in der Geschichte des deutschen Motorsports, nicht nur eine der tragischsten Figuren, die je in einem Boliden der Marken Mercedes-Benz, Porsche oder Ferrari gesessen haben. Er war vielleicht so etwas wie der erste Lebemann, Gentleman, Sportsmann und Frauenheld zugleich. Und zudem von adligem Geblüt. Aber Wolfgang Graf Berghe von Trips, der nur 33 Jahre alt wurde, ist mehr als nur das: Der Mann, der am 10. September 1961, den Weltmeister-Titel in der Formel 1 vor Augen, auf dem Autodromo di Monza im Auftrag des Commendatore Enzo Ferrari unterwegs war und dabei tödlich verunglückte, wurde zum vielleicht größten Mythos der gesamten Geschichte des Motorsports.

Unter dem Titel „Graf Berghe von Trips – Ritter, Reiter, Rennfahrer“ konzipierte Susanne Harke-Schmidt, damalige Archivarin der Stadt Kerpen und Mitglied des Stiftungsrates, anlässlich des 50. Todestages die Ausstellung, die in der „Villa Trips“  zu sehen war und nun im Mittelpunkt der Nürburgring-Exposition steht.

Im ring°werk Museum werden auch private Einblicke in das Leben des Grafen vermittelt. Zahlreiche persönliche Gegenstände, Plaketten, Pokale und Fotos des ehemaligen Formel 1-Fahrers, Ferrari- und Porsche Werks-Piloten, sind zu sehen.

Ein besonderer Anziehungspunkt – wie auch in den Jahren zuvor im Rennsportmuseum „Villa Trips“ -, ist das original nachgestellte Arbeitszimmer von Graf Trips. Auf dem Schreibtisch seine Pfeife, ein Tintenfass, ein geöffneter Terminkalender, ein altes schwarzes Telefon mit Wählscheibe – es riecht nach Leder, ein bisschen nach Motoröl. In der Ecke ein altes Radio, davor ein altmodisches Tonbandgerät, ein paar Schallplatten. Eine friedliche, leicht angestaubte Atmosphäre, die von einer längst vergangenen Zeit erzählt. Einer Zeit, die nicht wiederkommt, genauso wenig wie der Mann, der einst jenen Raum unter dem Dachgeschoss auf Burg Hemmersbach bewohnte: Wolfgang Graf Berghe von Trips, Adelsspross, Landwirt, Frauenschwarm und Formel 1-Rennfahrer.

Viele Geschichten, Dokumente und Relikte der Ära von Trips sind im ring°werk zu bestaunen. Präsentiert werden neben den zahlreichen Fotos, Pokalen und Plaketten auch Erinnerungsstücke, die die besondere Verbindung des legendären Piloten zum Nürburgring aufzeigen. 

Für die Eröffnung von „Graf Berghe von Trips – Ritter, Reiter, Rennfahrer“ wurde der Nürburgring vom Motorsport-Historiker Jörg-Thomas Födisch und von den engagierten Trips-Fans Juliane Klingele, Sabine Honermann, Vera Deutsch, Rainer Roßbach, Nils Ruwisch, Karl-Heinz Peters, Willy Deutsch sowie André Brodrecht beispielhaft unterstützt.

Das Highlight zur Eröffnung am 4. Mai waren zwei weltweit einzigartige und mit Originalteilen nachgebaute Ferrari 156 „Sharknose“-Modelle, mit denen von Trips in der Formel 1-Saison 1961 startete.

Das renommierte Restaurations-Unternehmen Setfort & Company hat in ihrem Workshop nahe Southampton (England) von 2012 bis 2017 die beiden Boliden als Recreationen aufgebaut, da keine originalen Fahrzeuge mehr existieren.

Besitzer der „neuen“ Ferrari 156 ist der erfolgreiche Historic-Rennfahrer Jason Stuart Wright, der schon seit Jahren zu den Förderern der Trips-Stiftung gehört.

Die Fachwelt ist sich auch heute noch einig: Die „Sharknose“ mit dem „Cavallino rampante“, des sich aufbäumenden Pferdes der Scuderia Ferrari, war einer der schönsten Ferrari-Rennwagen, der jemals gebaut wurde.

2020 wurde die Exposition mit Trips-Gemälden erweitert. Sie zeigt nun auch grafische Kunstwerke, die das Leben und Wirken von Wolfgang Graf Berghe von Trips in Erinnerung rufen. Aber auch Motive von Porsche, Ferrari, Mercedes-Benz und zahlreichen seiner Rennfahrer-Kollegen wie Phil Hill, Richie Ginther, Olivier Gendebien, Ricardo Rodriguez und Piero Taruffi befinden sich in der rund 30 Werke umfassenden Ausstellung. Gezeigt werden außerdem Kunstdrucke, Reprints und Zeichnungen aus dem Rennsport der 50er und 60er Jahre. U.a. sind Werke von Lisa Joncker, Alfredo de la Maria, Jörg Reppert von Bismarck, Michael Turner, Graham Turner, Uli Hack, Jorge Ferreyra-Basso, Nicholas Watts, Alan Fearnley, Dexter Brown und weiteren bekannten Rennsport-Malern zu sehen.

Besondere Resonanz finden die von der Porsche AG der Trips-Stiftung exklusiv zur Verfügung gestellten Rennplakate mit hohem künstlerischen Wert – sie wurden ausnahmslos von Ernst Strenger gestaltet. Strenger war der Mann, der Porsche in Szene setzte. Fast 40 Jahre lang prägte der Grafiker die Darstellung der Marke in der Öffentlichkeit in Form von Prospekten, Plakaten, in der Werbung und durch seine exzellenten Illustrationen in der Hauszeitschrift „Christophorus”.

So vermitteln seine Plakate eindrucksvoll einen zeithistorischen als auch künstlerischen Wert. Sie entstanden in den 50er-Jahren und dienten als Werbung, meist nach großen Rennerfolgen in Le Mans, auf dem Nürburgring, bei der Mille Miglia, bei der Europa-Bergmeisterschaft und Formel 2-Rennen.

Es gibt zeitgenössische Bilder zu sehen und solche, die sich posthum mit der Legende Graf Trips auseinandersetzen, sei es als (Öl-)Malerei, etwa von Michael und Graham Turner und Walter Gotschke, Grafik und Collage.

Mit ganz unterschiedlichen Ausdrucksweisen versuchen auch diese Bilder, den Motorsport, die Legende und den Menschen Graf Berghe von Trips zu erfassen.

Anlässlich des Oldtimer Grand Prix 2023 konnte die Exposition mit dem Bereich „Ferrari-Teamgefährten Graf Trips und Peter Collins“ ergänzt werden.  

Beide Formel 1-Fahrer verband eine Freundschaft, die in den gemeinsamen Ferrari-Jahren 1957 und 1958  vertieft wurde. Die Formel 1-Karriere und die Sportwagen-Laufbahn von Collins mit seinen wichtigsten Erfolgen zwischen 1952 und 1958 wird ausführlich in einem eigenen Ausstellungsbereich dokumentiert. Am 3. August 1958 fand die hoffnungsvolle Karriere des dreifachen Grand Prix-Siegers beim Großen Preis von Deutschland ein jähes Ende, als Collins im Streckenabschnitt Pflanzgarten tödlich verunglückte. Mark Andrews, Vertreter des englischen Peter Collins-Freundeskreises, eröffnete die Sonder-Ausstellung. 

Inzwischen ist das ring°werk der ideale Ausstellungsort für die Trips’sche Rennsport-Präsentation. Hier lebt das Vermächtnis des Grafen und seine Geschichte weiter. 

Die Zusammenarbeit der Nürburgring-Verantwortlichen mit der Trips‘schen Sportstiftung, die Exponate aus dem ursprünglichen Trips-Museum in Kerpen dauerhaft am Nürburgring zu präsentieren, hat sich bewährt, denn die Besucher-Resonanz der vergangenen Jahre spricht für sich.

Andere Utensilien, vorwiegend aus dem familiären Nachlass werden – ebenfalls seit 2018 – auf Schloss Loersfeld bei Kerpen, dem neuen Sitz der Trips’schen Sportstiftung, ausgestellt. Einige Exponate aus der früheren „Villa Trips“ wurden dem Automuseum Prototyp in Hamburg als Leihgaben zur Verfügung gestellt.

Fotos: Rainer Roßbach/Text: JK/JTF/ring°werk)