
Der Buchtitel lässt keine Fragen zum Inhalt offen. Über den charismatischen, zu früh mit nur 33 Jahren verstorbenen, ersten deutschen Weltklasse-Rennfahrer der Nachkriegszeit ist schon viel geschrieben worden. Im Mittelpunkt stehen dabei üblicherweise die von ihm genommenen Schritte in seiner ebenso steilen wie kurzen Karriere. Beschrieben werden die motorsportlichen Erfolge über nur sieben Jahre, von 1954 bis zum fatalen Unfall am 10. September 1961, beim Gran Premio d’Italia in Monza.
Mit dem überlegenen Ferrari 156, wegen seines Aussehens „Sharknose“ genannt, hatte Graf Trips den Abschluss der Formel 1-Saison als Weltmeister fest vor den Augen. Am Ende blieben postum der Titel des Vize-Weltmeisters mit nur einem Punkt Rückstand und zahlreiche Ehrungen, die er nicht mehr persönlich in Empfang nehmen konnte. Die Tragik wurde dadurch erhöht, dass sich sein Eintritt in das Ferrari-Team am Todestag exakt zum fünften Mal jährte.
Immer wieder kommt aber auch die menschliche Seite von Wolfgang Graf Berghe von Trips zum Ausdruck. In diesem Buch, das sich als Ergänzung zu allem bislang Veröffentlichten versteht, steht sie im Mittelpunkt. Den Anlass dazu gab ein Gang durch das umfangreiche Archiv der Gräflich Berghe von Trips’sche Sportstiftung. Dort befinden sich über viele Regalmeter die an die Eltern von Graf Wolfgang gerichteten Kondolenzschreiben und Telegramme aus der ganzen Welt. Daraus lässt sich ohne jeden Zweifel ablesen, welche Trauer der Verlust auslöste. Um welch hochgeachteten Menschen es sich handelte.
Mit neu verfassten Texten sowie noch nie veröffentlichten Dokumentation und Fotos wird im Buch beschrieben, wie Wolfgang Alexander Albert Eduard Maximilian Graf Berghe von Trips, „Der Mensch“, von Kindheit an mit hohen Erwartungen der Eltern, Isolation vom bürgerlichen Umfeld, schulischen Herausforderungen und schweren Krankheiten umging. Seine Suche nach menschlicher Nähe verband er gekonnt mit seiner Leidenschaft für Motorräder, Autos und später leistungsstärksten Rennwagen, sei es bei amerikanischen und englischen Soldaten, mit ihm im Team auftretenden Motorradfahrern, im Porsche Club oder in der weltweiten Gemeinschaft des Motorsports. „Der Mensch“ kommt aber auch zum Ausdruck, wenn man ihn – eher kritisch – „Count Crash“ oder bewundernd „Taffy“ nennt. Über die Beziehungen von Graf Wolfgang zu seinen Freundinnen ist kaum Präzises dokumentiert. Auch diese Seite des Menschen Trips wird im Buch beschrieben.

Faszinierend ist ein von Graf Trips auf der Schreibmaschine selbst verfasster, höchst spannender Bericht über das Formel 1-Rennen auf dem Nürburgring vom 6. August 1961 … nur einen Monat vor seinem Tod. Geschildert wird das Kopf-an-Kopf-Rennen in der laufenden Weltmeisterschaft mit Phil Hill. Auch hier kommen die menschlichen Züge zum Ausdruck, wenn er schreibt, „… tat mir doch Phil etwas leid …“. Damit nicht genug. Nur zwei Tage nach dem Rennen gibt Graf Trips technische Hinweise zur Verbesserung seines Rennwagens an Enzo Ferrari (Brief im Original wiedergegeben).
Bewundernswert sind die von der Fürsorge um seine Mitmenschen getriebenen Initiativen zur Sicherheit im Rennsport, Fahrsicherheit im Straßenverkehr und der Öffnung des Motorsports für die Jugend.
Eine große Überraschung ist aber, dass, abweichend von der alles überlagernden Auffassung, mit dem Tod von Wolfgang und seinen Eltern sei die Geschichte der gräflichen Familie Berghe von Trips geendet, nicht stimmt. Zwei Generationen später gibt Pauline Gräfin Berghe von Trips den Erinnerungen an ihren Großonkel neue Impulse. Das lohnt sich, ebenso wie der Kauf und das Lesen dieses Buches.
Wie wurde es doch im Ferrari Magazin, Mai 2021, ausgedrückt? „Michael Schumacher war nicht Ferrari’s erster deutscher Held.“ Wie Schumacher errang von Trips die meisten seiner Rennerfolge in einem Ferrari. Es gibt aber noch weitere Parallelen zwischen diesen großen deutschen Fahrern. Sie wurden nur wenige Kilometer voneinander entfernt geboren und auf der von Trips initiierten Go-Kart-Bahn drehte der junge Michael Schumacher seine ersten Runden am Steuer eines Karts, das sein Vater gebaut hatte …
ISBN 978-3-9825637-3-2
Preis: € 49,90 zzgl. Versandkosten
Autoren: Manfred Schmale, Jörg-Thomas Födisch
Quellen: Archiv der Gräflich Berghe von Trips’sche Sportstiftung
Text in deutscher Sprache
120 Seiten, rd. 100 Fotos, Originaldokumente
Format: 30 x 21,5 cm
Gebunden/Hardcover
Erschienen: April 2025