Burg Hemmersbach: Zur Bau- und Familiengeschichte

Prägend für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Entwicklung von Burg und Unterherrschaft Hemmersbach waren besonders die Familien Scheiffart von Merode und Vercken – das zeigt sich auch daran, dass die Gemeinde Horrem in den 1930er Jahren das Merode-Wappen in ihr Gemeindewappen aufnahm. 1751 belehnte der Jülicher Herzog Franz Adolf Anselm Berghe von Trips mit Hemmersbach. 

1077: „Hemmersbach“ wird aktenkundig 

Der „vir militaris et nobilis“, der Edelmann Wigmannus von Hemmersbach unterstützte 1077 den Abt von Brauweiler in seinem Streit mit dem Kölner Erzbischof und sorgte so für die urkundliche Erstnennung von Hemmersbach. Als Zeichen seiner Wehrhaftigkeit wird Wigmannus eine Burganlage besessen habt – so wie sie in Europa seit Ende des 9. Jahrhunderts üblich wurden. Ob der Stammsitz von Wigmannus noch am ursprünglichen Standort der Burg, dem so gennannten „Knöffelsberg“ an der Clemenskirche lag, oder schon  am späteren Standort an der Erft, lässt sich bis heute nicht zweifelsfrei klären. St. Clemens ist möglicherweise als Eigenkirche der Burgherren errichtet worden. Fest steht, dass diese erste Burg aufgegeben wurde und vielleicht schon im 11. Jahrhundert ein Neubau in der Erftniederung errichtet wurde. Die Flurbezeichung am Ende der Merodestraße deutet noch immer auf die alte Burg hin und die Gräben der Wasserburg sind im Horremer Stadtwald bis heute gut erkennbar, der Radweg von Horrem nach Sindorf führt quasi daran vorbei.

1326: Die Scheiffart von Merode erben Hemmersbach 

Als den Hemmersbacher Herren Anfang des 14. Jahrhunderts männliche Erben fehlten, übereigneten sie den Besitz einer namentlich nicht bekannten Erbtochter, die Werner VI. Scheiffart von Merode heiratete, der seit 1326 als „Herr von Hemmersbach“ siegelte. Für fast 300 Jahre prägte diese Familie die weitere mittelalterliche und frühneuzeitliche Entwicklung und war dabei in der Lage, ihre neugewonnene Herrschaft aufgrund ihres beträchtlichem Einflusses im europäischen In- und Ausland sowohl geopgraphisch wie juristisch zu arrondieren. Allerdings gab es auch Hindernisse.

1366: Die Hemmersbacher Fehde um Johann III. Scheiffart von Merode 

Johann III. Scheiffart von Merode hatte als 20jähriger seine erste große Bewährungsprobe zu bestehen. Nach mehrmonatiger Belagerung nahm am Heiligabend 1366 der rheinisch-maasländische Landfriedensbundes die Burg ein. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum Hemmersbach so kostenaufwendig belagert wurde. Es wurden sogar Wurfgeschosse, sogenannte Ballisten, eingesetzt, deren Schleuderkugeln an der alten Burg gefunden wurden. Sie sind heute im Innenhof von Loersfeld zu sehen. Nach dem Friedensschluss erhielt Johann seinen Besitz zurück, die Burg wurde notdürftig instandgesetzt. Johanns weiterer Karriere schadete die Fehde nicht. Er unterhielt enge politische Kontakte zum brabantischen und zum burgundischen Hof, die ihm eine einflußreiche Stellung in Europa verschafften. Während sein Verhältnis zum Jülicher Herzog gespannt blieb, pflegte er besonders die Beziehungen zum aragonischen Königshaus. 1390 schenkte Johann dem König von Aragon auf seine Bitte hin sogar ein gutes deutsches Pferd. 

Die notdürftig instandgesetzte Burg gab Johann III. noch im Lauf des 14. Jahrhunderts auf und ließ am heutigen Standort eine neue Burg errichten. Bei der Wahl des damals neuen Baugrundes begab er sich in enge Nachbarschaft zu der in dieser Zeit wahrscheinlich schon untergegangenen Burg der Ritter von Sindorf. Mit dem 1375 beurkundeten Kauf der Herrlichkeit Sindorf von Walram von Salmen hatte sich Johann alle Rechte in der unmittelbaren Nachbarschaft seines geplanten neuen Burgstandortes gesichert. Als er dann 1387 das passende Grundstück erworben hatte, konnte er mit dem Burgneubau beginnen. 

So erschließt sich auch, warum heute die Burg im Horremer Norden „Hemmersbach“ heißt, aber nicht im südlich davon gelegenen Ortsteil Hemmersbach liegt. 

1566: Der Streit um Hemmersbach beginnt: Merode kontra Vercken

Im Streit um das Erbe des letzten Scheiffart von Merode, erneut ein Johann, setzte sich schließlich Johann von Vercken durch, der 1621 mit der Unterherrschaft Hemmersbach belehnt wurde. Sein Sohn Heinrich trat 1630 die Nachfolge an und ging in den 48 Jahren seiner Herrschaft keiner sich bietenden Auseinandersetzung aus dem Weg. Zu seinen ersten Gegnern zählte der Nachbar im Norden auf Schloß Frens, Sigismund Raitz von Frentz. Am Rosenmontag 1666 verbot er „alle Üppigkeiten von Mummen, Spielleuthen, Dantz und Springen, wie auch alle ärgerliche Beysamen Kombsten“ und überlieferte damit den ersten schriftlichen Nachweis über karnevalistische Veranstaltungen in Kerpen.

Weitere Auseinandersetzungen folgten, bis schließlich auch in Hemmersbach der 30jährige Krieg Auswirkungen zeigte, der seit 1618 ganze Landstriche in Deutschland verwüstete.

1647: Heinrich von Vercken im Streit mit Nachbarn und Untertanen

In Hemmersbach verursachten hessische Truppen 1642 eine Feuersbrunst, die – wie Heinrich dem Kaiser berichtete – hohen materiellen Schaden anrichtete. In dieser Situation  weigerten die Sindorfer Einwohner sich, die eigentlich erforderlichen Frondienste zu leisten und verklagten ihren Landesherren. Erst als dieser Streit vor dem Reichskammergericht anhängig war, verglich sich Heinrich mit den Sindorfern, die fortan keine Dienste mehr leisten, aber dafür zahlen mussten.

1678: Philipp Heinrich und Etta Sybilla von Vercken sanieren die Herrschaft

Philipp Heinrich erbte daher eine vernachlässigte Herrschaft und eine ruinöse Burg, in der nur 2 Zimmer bewohnbar waren. Die aufwendige Sanierung gelang ihm mit Hilfe seiner vermögenden Frau, Etta Sybilla geborene Freifrau von Westerholt. Haupthaus und Wirtschaftsgebäude wurden zu einer moderen Burganlage umgebaut. Die Steinbrücke von der Vorburg zur Hauptburg musste komplett erneuert werden. Die zuvor aus Holzfachwerk errichteten Nebengebäude der Vorburg wurden sämtlich aus Feldbrandziegeln erbaut. Dazu zählten die Scheunen, die Stallungen, das Brauhaus, die Burgkapelle unmittelbar vor der Burg, eine Orangerie im Garten und die beiden Türme auf dem Damm der Wasserumwehrung. Außerdem wurden die Wassergräben instandgesetzt und eine Wasserleitung aus Bleirohren aus einem Dorfbrunnen in die Burg geleitet, so daß erstmalig genießbares Leitungswasser zur Verfügung stand. Das Aussehen dieser Anlage ist auf einer detaillierten Ansicht überliefert, die der belgische Maler Renier Roidkin um 1725 anfertigte. 

1751: Franz Adolph Anselm Berghe von Trips erhält Hemmersbach

Ein Prozeß um die Nachfolge in Hemmersbach wurde formal erst 1762 beendet, aber Carl Theodor Pfalzgraf bei Rhein als Herzog von Jülich belehnte 1751 den noch minderjährigen Franz Adolph Anselm Freiherr von Berghe genannt Trips mit den Herrschaften Hemmersbach und Sindorf. Die von 1730 bis 1752 unbewohnte Burg Hemmersbach wurde von Franz Adolph Anselm wohl erst 1765 „mit viel Geld“ wieder in einen bewohnbaren Zustand versetzt. Ob er unmittelbar danach nach Hemmersbach übersiedelte, weiß man nicht genau. 

1793: Die Burg brennt

Als Folge der französischen Revolution bedrohten 1793 die Revolutionstruppen die Westgrenze des Reiches, also besonders die linksrheinischen Territorien. Die Soldaten, die das Reich zum Schutz der Grenze aufgeboten hatte, wurden unter anderem auch auf der Burg Hemmersbach einquartiert. Franz Adolph Anselm, seine zweite Ehefrau Eleonore Kunigunde Freifrau von Rathsamhausen und die Kinder hatten Hemmersbach bereits verlassen und sich auf rechtsrheinischem Gebiet in Sicherheit gebracht. Die nächsten Jahrzehnte verbrachte die Familie auf dem Jägerhof vor den Stadttoren Düsseldorfs.

Durch die Unachtsamkeit der auf der Burg Hemmersbach einquartierten österreichischen Soldaten brannte die Burg in der Nacht vom 3. auf den 4. Januar 1793 bis auf die Grundmauern ab. Den entstandenen Schaden von 14.764 Reichstalern klagte Franz Adolph Anselm über Pfalzgraf Karl Theodor beim Kaiser in Wien ein – leider erfolglos.

1796: Die Berghe von Trips werden Reichsgrafen

Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, erhob Franz Adolf Anselm am 27.03.1796 in den Reichsgrafenstand. Die aufwendige Urkunde mit der imponierenden kaiserlichen Bulle täuscht darüber hinweg, dass die Standeserhebung  faktisch keine Auswirkungen mehr hatte, denn 1794 hatten die französichen Revolutionstruppen das komplette linke Rheinufer besetzt. Das Gebiet wurde unter französische Verwaltung gestellt und schließlich Frankreich angegliedert. Die normalerweise mit der Standeserhöhung einhergehende Konsequenz, nämlich die unmittelbare Unterstellung unter den Kaiser ohne den zwischengeschalteten kurpfälzischen Landesherren, trat also nicht mehr ein. 

Ignaz und Elisabeth errichten ein Familien-Fideikommiß

Seine Nachfolge trat Ignaz Eduard, der drittälteste Sohn aus der zweiten Ehe, an. Mittlerweile zeigten sich die politischen und wirtschaftlichen Folgen der Revolution. Der Adel hatte nicht allein die landesherrliche Stellung und damit verbundene Vorrechte, sondern auch den Anspruch auf die meisten seiner Einnahmen verloren. Die finanzielle Lage von Ignaz war prekär. Er versuchte, die Herrschaft zu sanieren. 1802 heiratete er Elisabeth von Lemmen, die nach dem Tod der Mutter ein Vermögen erbte, das wohl aus dem Verkauf des Familiebesitzes an die Fürsten von Thurn und Taxis stammte. Trotz des zuvor geschlossenen Ehevertrags konnte Ignaz über das Vermögen seiner Frau verfügen. Ignaz hatte den ererbten und mit hohen Schulden belasteten Familienbesitz nur retten können, weil er sich mit seinen Geschwistern auf eine Verrentung ihrer Erbansprüche einigen konnte. Parallel zu den Planungen für den Neubau der Burg kümmerten sich Ignaz und Elisabeth daher um die Errichtung eines sogenannten Familien-Fideikommiß, eines seit Jahrhunderten probaten Mittels zur Verhinderung der Erbteilung. Damit stellten sie die weitere Zukunft des mit hohem persönlichen Engagement gesicherten Familienbesitzes sicher, denn künftig durfte der Besitz nur noch ungeteilt an eine Person – natürlich in erster Linie männlichen Geschlechtes – weitervererbt werden.

Ein Bahnhof für Horrem 

Die Grafen von Trips betrieben schon seit den 1780er Jahren eine der ersten wirtschaftlich geführten Braunkohlengruben, die Grube Röttgen, zunächst zusammen mit dem Kloster Bottenbroich und der Pfarre Hemmersbach, seit den 1820er als alleiniger Eigentümer. Auf der Suche nach neuen Absatzmärkten für seine „Klütten“ beobachtete er interessiert die Entwicklung eines neuen Verkehrsmittels: der Eisenbahn. Graf Ignaz Eduard schloss am 18. Mai 1838 einen Vertrag mit der Rheinischen Eisenbahngesellschaft zur Anlage der neuen, zunächst eingleisigen Bahnstrecke zwischen Köln und Aachen und legte so die Grundlage für den 1841 eingeweihten Bahnhof Horrem – bis heute der Hauptbahnhof des Rhein-Erft-Kreises. Die 1886 errichtete Brikettfabrik in Horrem, die mit Kohle aus der Röttgen-Grube versorgt wurde, lag unmittelbar hinter dem Bahnhof, die Grube fast in Sichtweite.

Ignaz und Elisabeth errichten den Neubau der Burg Hemmersbach

Seit Mitte der 30er Jahre verfolgte Ignaz den Plan, die notdürftig hergerichtete Burg Hemmersbach wieder zum repräsentativen Herrenhaus herstellen zu lassen. Der Neubau nach Plänen des Kölner Architekten Wallé begann im Frühjahr 1839 und scheint 1842 vollendet worden zu sein. Wie engagiert ]Ignaz den Neubau begleitete, ist der umfassenden Korrespondenz mit dem Architekten zu entnehmen. Dieser begründete die Kostenerhöhung als unvorhersehbar und betonte, dass es noch bei keiner seiner Baumaßnahmen zu solchen Steigerungen gekommen sei. 

Ignaz starb am 19.04.1842 in Düsseldorf. Er hat die neu aufgebaute Burg Hemmersbach, letztlich wohl die Krönung seines Lebenswerks, tragischerweise selbst nicht mehr bewohnen können. Seine Witwe Elisabeth ließ – sicherlich auf seinen Wunsch – nach seinem Tod die neue, an der Hauskapelle errichtete Gruft in aller Eile einsegnen. Am 23.04.1842 wurde Ignaz Eduard Berghe von Trips in Hemmersbach bestattet.

1899: Um- und Anbau durch Clemens Maximilian, den königlichen Kämmerer

Elisabeth und Ignaz hatten keine Kinder. Elisabeth führte die Geschäfte nach dem Tod von Ignaz weiter und starb am 7. Oktober 1854 in Düsseldorf, sie wurde neben ihrem Ehemann Ignaz in der kleinen Gruft an der Hauskapelle beigesetzt. Elisabeth setzte die Frau ihres Neffen Eduard Franz, Gräfin Bertha, zur Universalerbin ihres persönlichen, noch immer umfangreichen Vermögens ein. Zu Lebzeiten erwies sie sich als besondere Wohltäterin in Horrem und Sindorf. Zahlreiche, noch heute vorhandene Stiftungen zeugen von ihrer Großzügigkeit. Den Anbau an der Clemenskirche in den Jahren 1851-1852 machte sie durch ihre Spende überhaupt erst möglich. 

In seinem Testament von 1841 hatte Ignaz bereits seinen Neffen Eduard Franz Oskar Clemens zum Universalerben eingesetzt. Eduard Franz Oskar Clemens heiratete 1846 Bertha Gräfin von Quadt-Wickrath zu Isny. Erst nach Elisabeths Tod wurde ihm der Familienbesitz übertragen. Deren Sohn Clemens Maximilian trat das Erbe des schon 1856 verstorbenen Vaters mit Erreichen der Volljährigkeit an. 1889 heiratete Clemens Maximilian, fast 40jährig, die 18jährige Eugenie Reichsfreiin von Fürstenberg. 1899 ließ Clemens Maximilian die Burg Hemmersbach nach Plänen des Architekten Karl Thoma umfassend umbauen und erweitern –  vermutlich auch, um seiner Stellung am Berliner Hof gerecht zu werden. Nachdem Kaiser Wilhelm I. ihn zum Kammerjunker ernannt hatte, wurde er von dessen Enkel, Kaiser Wilhelm II., zum königlich preußischen Kämmerer bestellt. 1908 soll ihm der Kaiser sogar eine goldene Taschenuhr geschenkt haben. Im gleichen Jahr übereignete Clemens der Kirchengemeinde ein Grundstück zum Bau einer neuen Kirche. Wenig später erhielt die Kirchengemeinde ein weiteres Grundstück für Zwecke des Jünglings-Vereins und der Sebastianus-Bruderschaft. Clemens Maximilian starb 1921 und erhielt seine letzte Ruhestätte in der Hemmersbacher Familiengruft an der Clemenskirche.

1921: Eduard erbt Hemmersbach

Seine erst 50jährige Witwe Eugenie blieb mit den noch minderjährigen Kindern auf der Burg Hemmersbach. Graf Eduard, der Haupterbe, hatte mittlerweile einen Wohnsitz in Bonn. Die Auflösung des Familien-Fideikommisses gestaltete sich schwieriger als bei der ersten vertraglichen Regelung erwartet. Erst 1929 schlossen Gräfin Eugenie, Graf Eduard und die 11 Geschwister einen Vergleich bezüglich des 1921 geschlossenen Erbvertrags. 

Gräfin Eugenie verließ die Burg 1930 und zog zu Verwandten auf die Burg Lede bei Bonn und starb dort im Alter von 82 Jahren „umgeben von ihren Kindern“ nach längerer Krankheit am 9. Februar 1953.

Adelheid Melzer wird Gräfin Trips

Eduard hatte eine standesgemäße Berufswahl getroffen und war 1911 dem 5. Ulanenregiment des preußischen Königs beigetreten. Nach Ausbruch des Krieges kämpfte er als Unteroffizier an der Ostfront. 1915 zum Fähnrich der Kavallerie befördert, erlebte er die Kriegsjahre von 1916 bis 1918 in Galizien und an der Westfront. 1920 wurde er mit „lebenslänglicher Dienstzeitversorgung“ aus dem Dienst entlassen.

Eduard Graf Berghe von Trips hatte schon 1918 Adelheid genannt Thessa Melzer kennengelernt. Sie heirateten trotz des von Eduard im Erbvertrag gemachten Versprechens, sich mit einer Adligen zu vermählen, am 27. Mai 1925 in Bonn . 

1928: Geburt von Wolfgang Alexander 

Ihr erster und einziger Sohn Wolfgang Alexander kam am 4. Mai 1928 in Köln zur Welt. Als Wolfgang 4 Jahre alt war, zog die Familie zusammen mit Thessas Eltern 1932 auf die Burg Hemmersbach. Eduard, begeisterter Reiter und hervorragender Jäger, übernahm die Leitung des  landwirtschaftlichen Betriebs auf Burg Hemmersbach, der zu den größten im damaligen Kreis Bergheim gehörte.

Wolfgang verlebte nach seinen eigenen Worten eine herrliche Kindheit auf der Burg Hemmersbach. Unberührt von den Folgen der Wirtschaftskrise, die zahlreiche Familien in Deutschland in große materielle Not stürzte, wuchs Wolfgang zunächst isoliert von anderen Jugendlichen auf. Seit 1935 begleitete er seine rennsportbegeisterten Eltern, die im Juni 1927 das Eröffnungsrennen an der neuen Rennstrecke in der Eifel besucht hatten, bei Besuchen auf dem Nürburgring. Damit weckten sie Wolfgangs Interesse an Technik, der heimlich schon in diesem Alter die Autos in Hemmersbach bewegte. Wann aus diesem Interesse ein Berufswunsch wurde, ist nicht eindeutig. Lange Zeit hielten nicht nur Wolfgangs Eltern, sondern auch er selbst an dem Ziel fest, den landwirtschaftlichen Betrieb in Hemmersbach zu übernehmen.

Mit Fortdauer des Krieges erlebten die Bewohner der Burg nicht nur die Schrecken des Luftkrieges, der in der unmittelbaren Nähe zu Köln deutlich zu spüren war, sondern mehrfach auch Einquartierungen der Wehrmacht. Wegen der näherrückenden Front verließ die Familie die Burg Ende 1944 und verbrachte das Kriegsende und die unmittelbare Nachkriegszeit im rechtsrheinischen Rederscheid bei Bonn.

1945: Organisation der Nachkriegszeit

Bei der Rückkehr nach Hemmersbach fanden Eduard, Thessa und Wolfgang eine von amerikanischen Soldaten besetzte und zum Kriegsende schwer verwüstete Burg vor. Zunächst wohnte die Familie in einem der Wirtschaftsgebäude. Wolfgang besuchte das Pädagogium in Godesberg und schließlich die Waldorfschule im niedersächsischen Benefeld. Seine Eltern bemühten sich in dieser Zeit um den Wiederaufbau des landwirtschaftlichen Betriebs sowie weiterer Erwerbszweige. Nachdem Graf Eduard im Entnazifizierungsverfahren als unbedenklich eingestuft worden war, ernannte man ihn 1948 zum Landwirtschaftsrichter am Kerpener Amtsgericht. 

1954: Graf Trips als Landwirt und Rennfahrer

Nach ersten motorsportlichen Erfahrungen und Erfolgen auf dem Motorrad tauschte Graf Wolfgang fast parallel zum Beginn seiner landwirtschaftlichen Ausbildung das Motorrad gegen einen BMW 328, den legendären Vorkriegs-Sportwagen, ein. Dem BMW folgte 1954 ein 356er Porsche. 

Damit setzte er seine professionelle und nicht mehr aufzuhaltende Rennfahrerkarriere ein. Auf nationale Titel folgten internationale Siege. Dabei fuhr Wolfgang von Trips für Porsche, für Mercedes und schließlich als erster Deutscher für den legendären italienischen Rennstall Ferrari. Rennfahrer war sein Beruf geworden. Im Einwohner-Adressbuch des Erftkreises von 1958, in dem seine Eltern für die verschiedenen landwirtschaftlichen Produkte des Hemmersbacher Betriebs warben, steht darunter Wolfgang von Trips als Rennfahrer.

Monza, 10. September 1961

Als Führender der Formel 1 – Weltmeisterschaft ging von Trips am 10. September 1961 in das Rennen um den Großen Preis von Italien. Nur wenige Punkte trennten ihn vom Gewinn der  Weltmeisterschaft. In der zweiten Runde vor der Einfahrt in die Curvetta kollidierte er mit dem Lotus von Jim Clark. Wolfgang wurde aus dem Wagen geschleudert und war sofort tot. Mit ihm starben 14 Zuschauer. Vor seiner Beisetzung in der Familiengruft an der Clemenskirche wurde er auf der Burg Hemmersbach aufgebahrt. 

Graf und Gräfin Trips haben den Tod ihres einzigen Sohnes nie verwunden. Zu seinem Andenken gründeten sie die Gräflich Berghe von Trips’sche Sportstiftung zu Burg Hemmersbach. Graf Eduard starb am 12. März 1971. Kurz danach bezog Gräfin Thessa die im Park der Burg gelegene, neu erbaute „Villa Trips“. 

Die Stiftung hatte seit Mai 2000 in der ehemaligen Villa der Gräfin unmittelbar neben dem Schloss ihren Sitz und betrieb dort bis 2017 satzungsgemäß ein Rennsportmuseum, das mit dem Umzug der Stiftung nach Schloss Loersfeld (https://www.schlossloersfeld.de/)

geschlossen wurde. Teile des musealen Inventars sind heute in anderen motorsportlichen Einrichtungen, z.B. in Hamburg und am Nürburgring, zu sehen. Im Schloss Loersfeld erinnert ein Gedenkraum an die Familie und an Wolfgang von Trips. (www.trips-stiftung.de)

Das Archiv Burg Hemmersbach, das ins 14. Jahrhundert zurückreicht, befindet sich seit 2000 als Depositum im Stadtarchiv Kerpen. (www.mein-stadtarchiv.de). 

Auch die Bibliothek Burg Hemmersbach in Loersfeld, die im Wesentlichen auf Ignaz Graf Berghe von Trips und seine breit gefächerten Interessen zurück geht, ist seit kurzem erschlossen und als ein besonderer Standort der Schulbibliotheken der Kolpingstad Kerpen benutzbar. Öffentliche Bibliothek Kerpen – Private Bibliothek Burg Hemmersbach (winbiap.de)

1984 erwarb der Bauunternehmer Herbert Hillebrand die Burg und sanierte sie. Zusammen mit seiner Familie bewohnte er die Burg und nutzte sie als Firmensitz. Obwohl die Gesamtanlage der Burg Hemmersbach infolge der Sanierung und Nutzungsart nach 1988 Einbußen erlitt, blieb sie insgesamt jedoch erhalten. Viele Details des modernen Ausbaus waren reversibel eingefügt, andere Veränderungen und Substanzverluste für die Denkmalpflege sind als „schmerzhaft und nicht immer notwendig” zu apostrophieren. Gleichwohl, wesentlich war, dass der lange Leerstand der Burg mit der neuen Ära Hillebrand zu Ende ging und Burg Hemmersbach damit eine Überlebenshilfe geboten wurde.

Der Bautypus „Burg” ist Geschichte geworden. So müssen sich immer mehr Burgen den Bürger:innen öffnen und als Museen ihrer selbst, als Kunsttempel, Verwaltungs- und Seminarbauten, Hotels und umgebaute Wohnanlagen neue Chancen für die Zukunft suchen. Unvorhergesehen war die Aufgabe Hemmersbachs als Wohn- und Firmensitz der Familie Hillebrand nach nur wenigen Jahren. Erneut stand die Burg über einige Jahre leer. Allerdings wurde das Notwendige zu ihrer Unterhaltung getan. 

Die Särge von Ignaz von Trips und Elisabeth von Lemmen, die die Burg 1839 bis 1842 erbauen ließen und in der Gruft unter der zur Burg gehörenden Kapelle bestattet waren, wurden 2001 in die Familiengruft umgebettet. Ihr Bestattungsort war nach dem Abriß der Burgkapelle in Vergessenheit geraten. Mehrfache Besitzerwechsel des Grundstücks und mangelnde Sensibilität führten schließlich im Jahre 2001 zu einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus am alten Standort der Burgkapelle. Beim Bodenaushub wurden die Bestattungen in ihrer gemauerten Gruft wiederentdeckt und mit den Holz- und Bleisärgen in die neugotische spätere Familiengruft der Berghe von Trips auf dem Horremer Friedhof  umgebettet.

Im Jahre 2001 übernahm ein neuer Eigentümer die Burg. Dessen neues Nutzungskonzept sah zunächst die Umwandlung der mittelalterlichen Anlage in ein Hochtechnologie-Zentrum vor. Hier sollten junge Start-up-Firmen optimale technische Voraussetzungen finden, um in einer ruhigen Umgebung zukunftsweisende Ideen für Produkte und Dienstleistungen entfalten zu können. 

2018 wurde auch dieses Konzept aufgegeben. Seitdem befindet sich auf der Burg Hemmersbach ein Tagungshotel. (www.chateauform.com.de/haus/burg-hemmersbach)

Text: Susanne Harke-Schmidt
Abbildungen: Stadtarchiv Kerpen, Archiv Burg Hemmersbach und 

Bildarchiv Gräflich Berghe von Trips’sche Sportstiftung zu Burg Hemmersbach